Collage von Ruth Gamper
Lies Bielowski Ginkoblätter im Pharmaziemuseum Brixen, sandgestrahlt auf Glas
Fotografie von Elisabeth Hölzl

Manfred A. Mayr, Asklepios-Schlange 2023

Asklepios-Schlange 

H. Sigmund, Innenausbau Barth bei der Montage

Ohne Titel (Asklepios-Schlange), 2023
Bronzeguss patiniert
H 137,5 cm T 24,5 cm, Ø 5 cm


Schon seit der Antike ist die Schlange für sich allein oder in Verbindung mit einem Stab als
Symbol der Heilkunst bekannt. Diese Assoziation verdankt sie dem Phänomen des
Häutens, das sinnbildlich für Erneuerung steht. So ist das Symbol auch im historischen
Schild der Peer-Apotheke wiederzufinden. Unmittelbar neben dem Hauseingang markiert
jetzt eine neue prominente Schlangenskulptur aus dunkler Bronze die Hausfassade. Sie
wurde bewusst auf Augenhöhe angebracht – als Objekt zum Anschauen und Angreifen für
die Vorübergehenden, das Geschichten entstehen lässt und zu neuen Mythenbildungen
anregt.

Manfred A. Mayr, Blister-Portal

Blistertür

 

 

Ohne Titel (Blister-Portal), 2023
Aluminium-Riffelblech mit Rautenprägung und Tabletten-Mulden, Glas, Holz lackiert mit
Lasergravur – signiert „m.a.m. 2023“
H 239 cm, B 131,5 cm, T 6,5 + 6 cm


Die Eingangstür zum Apothekenhaus steht in Kontrast zum historischen Baustil des
Hauses. Erst auf den zweiten Blick ist das Türblatt als vergrößerte Nachbildung einer
Tabletten-Blisterpackung zu erkennen, deren Mulden teils noch gefüllt sind. Die bereits
leeren und somit transparenten Rund-Öffnungen geben den Durchblick ins Entrée frei. Die
im „Blister“ verbliebenen Tabletten tragen das Signet des Künstlers und kennzeichnen das
Türblatt auf subtile Weise als (Kunst-)Werk.

Manfred A. Mayr, Bronze-Pillen

 Bronzepillen

 

Ohne Titel (Bronze-Pillen), 2023
Bronzeguss poliert, patiniert und gewachst
Ø 67,5 cm; 66,5 cm; 61 cm


Drei überdimensionale Pillen aus polierter Bronze verleihen dem Entrée museales Gewicht.
Die Bronzeskulptur setzt drei historische Pillenkugeln von leicht unterschiedlicher Größe in
Szene. Sie nimmt Bezug auf die mit Blattgold überzogenen Pillen aus dem
Museumsbestand, die einst für besser situierte Kundschaft bestimmt waren. Zwischen
realistischem Abbild und vergrößerter Abstraktion werden unterschwellige emotionale
Aspekte aufgerollt: von Placebo-Effekten bis zum Gefühl einer bitteren, schwer zu
schluckenden Pille.

 

Manfred A. Mayr, Geistrohr-Luster

Geistrohr-Leuchte

Geistrohr-Luster, (Leuchtkörper), 2021–2023
Aluminiumrohr geschliffen natur, Gewindestangen, Stahl-Rundprofile, Dreh- und
Schwanengelenke, Rohrschellen (67 Stk.), Labor-Glas- und PET-Flaschen (24 Stk.),
LED-Strahler (25 Stk.), Licht-Spots (5 Stk.), Beamer, E-Kabel und Kabelbinder
L 730 cm, B 120 cm, H 65 cm - variabel


Das an der Gewölbedecke installierte vielarmige Kunstobjekt ist Leuchtkörper und
Beleuchtungskonzept in einem. Die Bestückung mit historischen Glas- und Laborgefäßen
wie auch zwei größeren PET-Flaschen in Lichtschutz-Braun lässt die Objekte aus dem
Laboralltag sprichwörtlich in neuem Licht erscheinen. Die verspielte Zweckentfremdung
reflektiert mit Poesie und technischer Experimentierfreude das Museum als Ort, wo
Objekte, die nicht von selbst leuchten, ins rechte Licht gerückt werden.

Manfred A. Mayr, Vitrinen-Design

Blaue Vitrine

Ohne Titel, (Vitrinen-Design), 2023
Aluminiumprofile, Glas, Blau- und Weißglas transparent, Spiegel, LED-Strahler
Vitrine blau: H 180 cm, B 106,5 cm, T 55 cm
Vitrine weiß: H 188 cm, B 113,5 cm, T 55 cm


Zwei Wandvitrinen werden in das künstlerische Raumprogramm integriert und
entsprechend adaptiert. Die erste ist in Blauglas gehalten und mit aktueller
Apothekenware bestückt. Verspiegelte Laibungen und eine semitransparente Rückwand
imaginieren einen Durchblick in die benachbarte Apotheke und damit ins Hier und Jetzt
des Geschäfts. Die zweite Vitrine ist farblos verglast, beinhaltet historische Gefäße und
Arzneien und verweist auf die Historie des Hauses. Handelt es sich um Schaufenster oder
Vitrinen, um Waren oder Museumsobjekte? Die Wechselbeziehung von Zeigen und
Wahrnehmen wird zum künstlerischen Handlungsfeld.

Manfred A. Mayr, Handlauf

Hanlauf, Montage

Ohne Titel, (Handlauf), 2023
Rundprofile Buche und Kirsche gedrechselt und 3D-gefräst, 2K-Lack (RAL 9010),
Hartwachs
Ø 4,5 cm, Gesamtlänge ca. 24,27 m


Der Handlauf ist ein wiederkehrendes Motiv in den Rauminstallationen von Manfred Alois
Mayr. In den jeweils ortsbezogenen Entwürfen dient der Handlauf gleichermaßen als
funktioneller Gebrauchsgegenstand wie als symbolischer und sinnlicher Leitfaden in der
Erschließung eines Gebäudes. Auch im Apothekenhaus begleitet der Handlauf im Auf und
Ab, im Wechsel von kalter und warmer Materialität durch das Treppenhaus als taktiles
Objekt und sinnliche Stütze.

Peter Senoner - „enzymatic“

„enzymatic“ heißt der großformatige Siebdruck auf Spiegelglas mit der dazu gehörigen Computeranimation.
Diese künstlerische Intervention ist nicht als neues künstlerisches Beiwerk, sondern als eine im Konzept des Museums vorgesehene zeitgenössische Reflexion seiner Inhalte angelegt. Es fordert die Museumsbesucher*innen heraus, ihre individuelle Gefühls- und Erfahrungswelt in die Begegnung mit der im Museum präsentierten Pharmaziegeschichte einzubringen und unterstreicht deren Bezug zur unmittelbaren Gegenwart.
Was uns der Künstler Peter Senoner im Spiegel der Arzneigeschichte präsentiert, stellt einen fremdartigen Hominiden dar, der sich nach und nach in ein vogelartiges Wesen verwandelt. Wie die Pharmaziegeschichte bewegt sich auch die Vorstellungswelt des Künstlers zwischen Magie, Science-Fiction und Naturwissenschaft, zwischen der Hoffnung auf Heilung und dem Reiz an der Manipulation des Körpers.

Peter Senoner, 1969 in Kastelruth geboren, lebt in Lajen und München; Ausbildung an der Akademie für bildende Künste in München, Arbeitsaufenthalte in New York, und Tokio; Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfond Bonn; Ausstellung in der Phoenix Art – Sammlung Falckenberg Hamburg, Kunsthalle Wien Ar/ge Kunst Bozen, Galerie Wittenbrink München, Lindenberg Gallery New York, Haus der Kunst München

Erhält am 17. November 2005 den Bayerischen Kunstförderpreis

Lies Bielowski - Ginkgoblätter

Das Sammeln von Blättern, Gräsern, Moosen, Farnen... begleitet mich seit mehreren Jahren in meiner künstlerischen Arbeit. Das Interesse am Gesammelten begründet sich dabei jeweils aus dem Ort und dem Verhältnis dieses Ortes, bzw. der Beziehung der dort lebenden, arbeitenden, durchreisenden... Menschen zu der gesammelten Pflanze.

Bei meinem ersten Besuch an diesem Ort, in diesem Museum war ich berührt von der sorgfältigen Auswahl der Ausstellungsstücke, dem respektvollen Umgang mit dem zu „Bewahrenden“ und dem Spannungsverhältnis, das sich ergibt durch das Aufeinandertreffen zeitgeistiger Museumskonzeption und -architektur mit den „Dingen“, die seit vielen Generationen gesammelt und archiviert wurden. Zudem beeindruckte die Lebendigkeit des Museums, bedingt durch seine Einbettung in dieses Haus, in dem die Familie Peer nach wie vor ihre Apotheke betreibt und in dem sie auch lebt. Ein sensibel restauriertes altes Stadthaus mit betriebiger Straße zur einen und einem von der Straße abgewandten, alten Garten mit Blumen, Sträuchern und Bäumen zur anderen Seite. Im linken hintern Teil des Gartens ein großer Ginkgobaum!

In Asien wird er seit Jahrhunderten als heilig betrachtet und verehrt. Durch das in der Pflanzenwelt einzigartige, zweigeteilte Blatt und seine Zweihäusigkeit wurde er schon früh mit dem Symbol des Yin-Yang, dem Inbegriff der Harmonie, in Verbindung gebracht. Die schlanke aufstrebende Form des Baumes repräsentiert dabei das Yang, und wird mit Aktivität und Lebenskraft gleichgesetzt, während zugleich die Blätter aufgrund ihrer fächerartigen Form, das Yin, also Sanftheit und Weichheit, darstellen. Zusätzlich vereint der Ginkgo Langlebigkeit, Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit in sich. Da er nachweislich so gut wie keine Schädlinge hat, kann er ein enorm hohes Alter erreichen. In Asien sind Bäume bekannt, die ein Alter von 1.000 und mehr Jahren erreicht haben.

In der heutigen Kräuterheilkunde werden die Samen und der Extrakt der Blätter häufig zur Verbesserung des Gedächtnisses, also gegen das Vergessen, verordnet.

Langlebig, widerstands-, aber auch anpassungsfähig, harmonisch durch das gleichwertige Mit- und Nebeneinander von Gegensätzen und gegen das Vergessen – ein Baum wie dieses Museum!
Mein erster Besuch in Brixen findet kurz vor Weihnachten statt und in eisiger Kälte graben wir gefrorene Ginkgoblätter aus dem Schnee. In einem kleinen Karton zum Transport für Medikamente bringe ich mehrere Hand voll davon nach Innsbruck in mein Atelier. Die Blätter werden nun verlesen, gekocht, gewaschen, gebleicht...solange, bis sie die Qualität von dünnstem, feinsten Seidenpapier erlangen. Die zuvor klirrhart gefrorenen Herbstblätter zeigen plötzlich wieder Elastizität und eine unbeschreibliche Zartheit, in der all die feinen Adern, aber auch kleine Risse und Falten sichtbar werden.

Mit den hoch technisierten und exakten Verfahren der neuen Medien werden diese kleinen individuellen Welten in große, reproduzierbare Bilder umgesetzt, welche wiederum mit der alten Technik des Sandstrahlens auf Glas gebracht werden.

Lies Bielowski, Innsbruck im August 2006